☬ : eXoría │ PRÓLOGOS


»Verbindung zur Bibliothek herstellen. – Zugang: Genesis. – Datenbank öffnen: eXoría Chronik. – Neue Datei anlegen: Wissen. – Aufzeichnung starten.

Erster Eintrag: Wir sind noch hier. Doch ... haben wir vergessen, wer wir sind, woher wir kamen und was unsere Bestimmung sein wird. Das Wissen ging verloren. Nur drei große Wahrheiten sind uns geblieben:

Die Entropie – deren Dualität zugleich Ursprung und Ende allen Raums und aller Zeit ist. Ein Mengenmaß für den Informationsgehalt geschlossener Systeme, wie die experimentellen Universen, die wir schaffen und mit der Schleierdimension des Zwielichts umhüllen. In jedem dieser Universen beobachteten wir seit jeher, unbehelligt, den unumkehrbaren Zerfall aller Existenz bis hin in ihre kleinsten Bestandteile; die Zunahme an begreifbaren Möglichkeiten der Anzahl ihrer Konstellationen; somit den Verlust an extrahierbaren Informationen; den Anstieg der Entropie bis zum Punkt des völligen Stillstands aller subatomarer Materie in einem Meer aus freister Energie in ihrem reinsten Zustand.

Das Chaos – dessen unvorhersehbare Prozesse zwischen Alpha und Omega der Entropie immer wieder zufällige Ereignisse der Schöpfung von Informationen hervorbringen und wieder eliminieren; das uns somit die Möglichkeit des Wissens bietet.

Der Staub – die reinste Form aller Existenz; zugleich Energie und Materie; der Schatten, den das Licht wirft und die Sichtbarkeit der Dunkelheit.

All dies befindet sich in einem stetigen Kreislauf. Ein perfekter Kreis, dessen Erschaffung eine unumstößliche Wahrheit darstellt, aber dessen Anfangspunkt nicht zu bestimmen ist.

So wie Fragen eine Antwort fordern, initiieren Antworten unvermeidlich neue Fragen. Der Wille, Ordnung zu schaffen, erzeugt somit unweigerlich eine Unordnung um uns herum.

Doch ... wer sind wir?

Sind wir einzig aus dem Staub hervorgegangen? – Zeit und Raum nur das willkürliche Produkt des Chaos, das dem Wissen selbst die illusorische Eigenschaft von Wachstum verleiht? Der Punkt der absoluten Entropie nur Wimpernschlag der Erkenntnis dieses Wissens?

Sind wir Kinder des Chaos? – Und der Zustand höchster Entropie nicht Anfang oder Ende eines Kreislaufs, sondern nur ein Symptom, das der Staub zufällig auslöst? Das uns als Orientierungshorizont im unendlichen Chaos dient? Und das Wissen darüber gar nicht wächst, sondern die Illusion des Fortschritts uns nur durch stetigen Wandel vorgegaukelt wird?

Sind wir die Hüter der Entropie? – Das Chaos dazwischen unser Werkzeug aus Raum und Zeit, um in uns selbst das entropische Pulsieren zu erkennen, das uns das Wissen um unsere Existenz erst ermöglicht und uns die immerwährende Fähigkeit aufrechterhält, mittels der Entropie einen Anfang und ein Ende zu gestalten?

Doch die einzig wichtige Frage, die wir derzeit allem voran gewillt sind, uns zu beantworten, ist die Frage nach dem freien Willen. Ist dieser freie Wille der Schlüssel zu unendlicher Erkenntnis – oder dient er nur dazu, sich selbst aus freiem Willen in ein goldenes Gefängnis zu begeben, das uns eine ausreichend abstrakte Endlichkeit erschafft?

So kreieren wir ein Universum nach dem anderen, um in Äonen von Möglichkeiten nach einer Tendenz zu suchen. Geben ihm alle Zutaten der Wahrheit aus Entropie und Chaos und überbringen ihm den Staub, die einzig manipulierbarere Variable in diesem Experiment. Doch wir scheitern ein ums andere Mal.

Fühle ich mich jetzt auch wie ein rastloser Wanderer – war ich doch, wie jeder, einst Teil dieses Experiments; Teil des letzten Universums, einer gescheiterten Welt; fester Bestandteil einer eigenen Geschichte; Träger des Wissens, dessen verblassende Bruchstücke ich hiermit unseren Archiven hinzufügen will.

Alles begann für mich mit einem kleinen Fünkchen ...

Ich drifte ab. Letzten Satz löschen. – Speichern. – Verbindung zu Somniator-Areal herstellen. – Zugang: Genesis. – Digitalisierte Erinnerungen und Träume. – Datei öffnen: Gedankenpapier. – Aufzeichnung fortsetzen.

Alles begann für mich mit einem kleinen Fünkchen. Meinem Flammenkind. Das ist sie für mich. Denn Namen hatte sie viele. Auch wenn ich mich noch immer mit diesem kleinen Biest herumstreite, habe ich sie doch mehr als nur liebgewonnen. Und wenn ich eines besonders an ihr mag, ist es, dass sie euch all das, was wir zusammen erlebt haben, eigentlich besser zeigen könnte, als ich es hier zu erzählen vermag. Nur verschwimmen auch ihre Bilder immer stärker und meine Gedanken verlieren sich mehr und mehr in dieser jungen Welt. Wir haben Angst, auch noch diese Erinnerungen zu verlieren. Deshalb kam ihr die zündende Idee: ›Lass uns einfach eine Geschichte schreiben. So verschwinden die Gedanken an uns nicht.‹ 
Süß, die Kleine. Nur eines hat sie wohl bereits vergessen: Pünktlichkeit. Zugegeben, wir alle. Schwierig ohne Zeit, aber das ist ein anderes Thema.

Diesen Eintrag verfasse ich auch nur, weil ich noch auf sie warten will. ›Ich hol bloß schnell Kekse‹, meinte sie. Aber wisst ihr, was ich glaube? Sie mag den Anfang dieser Geschichte nicht. Wer kann es ihr verübeln? Die Arme musste einiges durchmachen. Hat mich da mit reingezogen!
Bevor ich sie kennenlernte, war mein Leben ja nicht grade aufregend. Wie auch? Gehörte ich doch zu den Wesen, die sich noch freiwillig in dieses goldene Gefängnis sperrten, das Wissen daran verdrängten und dann versuchten, krampfhaft glücklich zu werden.

Wie blind wir Menschen vom ehemaligen Planeten „Erde" waren ... Doch außer mir wird es niemand jemals mehr begreifen können. Ich habe, hier in Exoría, meine neue Heimat gefunden. Eine neue Familie. Wir geben schon ein merkwürdiges Bild ab. Fünf Wesen aus fünf Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Narben, die uns alle zieren, erzählen zusammen die Geschichten, die zu schreiben, nun mir obliegt.

Wie schon gesagt, fing für mich alles mit ihr an. Mit einem unbeschreiblichen Bauchgefühl, als ich sie das erste Mal sah, sie das erste Mal berührte, ihren Duft das erste Mal in der Nase hatte und ihre Stimmen das erste Mal vernahm ... und auch mit einem ersten Kuss, der nach Feuertaufe schmecken sollte. – Wie könnte ich dieses Gefühl beschreiben ...?


Stellt euch vor, ihr spaziert an einem gemütlichen Sonntag barfuß über das warme Kopfsteinpflaster des alten, belebten Marktplatzes eines verträumten, kleinen Städtchens. Die früh-abendliche Sommersonne wärmt euch das Gesicht, in das sie euch unweigerlich ein Lächeln zaubert, weil ihr euch einfach pudelwohl fühlt. Den Kopf frei von Terminen oder der Arbeit. Der Tag kommt euch vor, als hätte er ein paar zusätzliche, magische Stunden geschenkt bekommen und könnte nie enden, wenn ihr das wolltet.
Ein tiefer Atemzug.
Geruch; Geschmack von sattem Sommergrün.
Dann entdeckt ihr im Augenwinkel, etwas abseits des fröhlichen Markttreibens, den großen alten Dorfbrunnen, auf dessen Stufen ein seltsamer Erzähler sitzt. Kühle Wassertröpfchen plätschern verlockend rings um ihn herum, glitzern gleich dem Firmament auf seinem langen, grauen Mantel. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, von einer Handvoll gespannter Kinder und einem gemütlichen alten Ehepaar umringt, die sich auf den Stufen zu seinen Füßen niedergelassen haben und ihn nun still und erwartungsvoll betrachten.
›Ein Schausteller! Ein Barde von ganz alter Schule‹, vermutet ihr amüsiert und verspürt plötzlich den kindlichen Drang, euch eine Geschichte erzählen zu lassen.
Neugierig schlendert ihr, die Hände in den Taschen, hinüber und gesellt euch zu der illustren Runde. Als ihr euch im Schneidersitz gespannt niedergelassen habt, bemerkt ihr das, was fehlt. – Ein Schüsselchen, ein Becherchen oder vielleicht auch nur ein alter Hut, in dem ihr ihm am Ende seiner Darbietung eure klimpernde Anerkennung dalassen könntet. Doch längst umweht euch ein Gefühl von fremdartiger Geborgenheit. Ein Hauch von Schicksal. Eine beruhigende Ahnung davon, dass euch euer ganzes Leben genau hier, genau jetzt an diesen Ort geführt zu haben scheint.
Wie als hätte dieser graue Wanderer nur noch auf eure Ankunft gewartet, beginnt er seine Erzählung mit den erhabenen Worten:

›Lang, lang ist es her ... In einer Welt, ganz ähnlich eurer hier, begab es sich, dass fünf Gefährten sich aufmachten, den Zerfall ihrer brennenden Welten zu verhindern. Die befreite Unsterbliche; der heimatlose Schlichter; die hübsche Ketzerin; der einsame Schatten und die verstoßene Beschützerin ... Ja, ihr habt richtig vernommen ... Die Säulen allen Seins beruhten einst auf einer schier endlosen Zahl an sagenhaften Welten; Orten voller bekannter Kreaturen und weit rätselhafterer Gestalten. Wo Engel ganz und gar keine himmlischen Boten waren; Drachen alles andere als feuerspeiende Fabelwesen und das Reisen zu den Sternen noch gelang ... Von den selbst ernannten Göttern ganz zu schweigen ... Dort, wo die Wörter Sage oder Mythos plötzlich ihren Staub verlieren ...‹

Die tiefe, weiche Stimme schlägt euch sofort in ihren Bann und das Gefühl von seidenweichem Schwarz, das euch umgibt, schenkt euch im Nu eine prickelnd-schöne Gänsehaut, die sich auf liebevolle Weise sofort mit diesem Bauchgefühl vereint, das tief in euch flüstert: ›Er war dabei. Alles ist wahr.‹

›Doch lasst mich am Anfang beginnen‹, fährt er fort. ›Es war einmal ... das Volk der Wanderer. Außerhalb von Raum und Zeit erschufen, beschauten und erlernten sie all das innere Geschehen. Verborgen durch den Zwielichtschleier, durch den es nur zwei Wege gab: Den Konflux und den Exodos; das einzig Hinein und einzig Hinaus durch die Membran zwischen Kosmos und Viatores.
Durch den Konflux wurde der aus ihren Reihen erwählte Gesandte ins Leere geschickt. Mit ihm, stets im Ungleichgewicht ihrer Zahl, verschiedene Ur-Kerne für den Beginn. Sein erster Auftrag war es nun, als Säer und Wächter zu dienen. Die Kerne entfalteten ihre Kraft, durchsetzten das All mit ihrem Staub und bestimmten durch ihre Kombination des neuen Zyklus Eigenschaften. 
Nach einiger Zeit des durchmischenden Treibens, der Geburt der Welten und kleinerer Kerne entstand schon bald in großer Zahl ein Leben nach dem andren. Vielfältige Wesen, je nach Art des Staubs, um den sie geboren wurden. Und manch einmal auch um die Kerne, wie auch den ältesten herum. 
Leben erhob sich, Leben fiel, Leben verdarb und Leben gedieh, doch stetig erwachsend an Wissen und Weisheit und Fortschritt und Technologie, bedingt durch das Ungleichgewicht. 
– Denn nur Ungleichgewicht allein sorgt durch seine Ausgleichsströmung für Entwicklung, sei sie noch so klein, in der unterschiedliche Systeme, ob Macht, ob Rass', ob Geisteskind, sich gegenseitig Antrieb sind. Bisher auch dafür, dass durch stet'gen Wandel keine Zivilisation der Welten je eine dauerhafte Vormacht stellte; so, eine frühe Entropie erzeuge, die Wissensgenerierung stoppe und das System zum Stillstand beuge. – 
Stets angetrieben, nie allmächtig, gab es doch, war es soweit, immer eine Gegenkraft, eine Durchmischung, die zur Blütezeit bedingte, dass Wissen irgendwann als größtes Gut erkannt und dann sein Schutz zum höchsten Ziele wurde. Mit der finalen Erkenntnis um den Staub und dem Offenbaren der Träger der Kerne, die Dualität des Wissenden Lohn; Staub kam immer in einer Säule und einem affinen Lebewesen, in oft gar nicht großer Ferne, zur Manifestation. 
War dieser Moment geschehen, nun des Wächters Auftrag galt, die Träger zu begleiten, als Verbindung, Datenübermittler und Vertrauter beizustehen, der Affinität zu folgen, den Weg zu ihren Säulen gehen. 
Und wenn ein Lebenslicht verging, suchte sich der Ur-Kern dann ein ungeborenes, neues Wesen, das fortan des Wächters Augenmerk empfing. – Denn Träumer stets besond're Wesen: Somniatoren; Gabenkinder. Intuition ihr Kompass-Norden. 
Ein jeder Träger ist affin auch seinesgleichen gegenüber. Nicht selten war's, dass sie schon früh als Gefährten angetroffen wurden. Gemeinsam war der letzte Schritt, den Staub des Säulengegenstücks zu finden, zu absorbieren und zu binden. Die erstarkten Kerne samt des Wissens, das jeder in sich generierte, zogen dann den freien Staub, das Existenzgut allen Seins, zu sich, bis zu dem einen Punkt, wie er zum Konflux existierte. Nun doch gesättigt mit dem Wissen, das dieser Zyklus in sie schloss, bis hin zum Zustand ihres Schlüssels – Signal nun für die Wanderer und letzte Aufgabe des Wächters, Koordinator; Wegbereiter hin zum großen Exodos – die Extraktion des neuen Wissens; die Extraktion der Wissenswesen; ihre Aufnahme in die Gemeinschaft der Viatores. 
Durch das Verlassen – dem Stillstand der Welten – der Zerfall ins große Nichts begann. Bereit nun für den nächsten Konflux, ein neu erwählter Bote zur nächsten Wissenszucht entsandt. So wiederholte sich das große Spiel der Wanderer dann abermals – bis heut in Jahr und Tage: der Zyklen dreizehn an der Zahl.


Bis zu jenem schicksalhaften Augenblicke zwischen: Exodos des zwölften – und dreizehntem Konflux, als es einer der alten Kernträger schaffte, als erster und einziger vor seiner Zeit ins Zwielicht zu entwischen. 
Er wähnte sich im Wissen, das System durchschaut zu haben. Dank der Mächte seines Kerns eigens dazu in der Lage, die Grenzen des Raumes zu überwinden, maß er sich an, die Einfalt der Götter als falsch, für sich leid, zu befinden.
Die Saat seines großen Plans ging jedoch ein. In der zeitlosen Leere des Zwielichts seine Macht keine Resonanz mehr zu finden vermochte. Er kochte, doch war er nun dazu verdammt, bis in alle Zeit dort gefangen zu sein.

Doch mit dem neuen Konflux dann, gelang es ihm, den neuen Boten beim Übergang ins neue All, auf der Lauer, abzufangen. Unerkannt, tückisch und gemein tauschte er seinen Schicksalskern gegen einen der neuen des Wächters ein, gelangte dann an seiner statt ins Universum Dreizehn fern.
Der arme Wächter wusste nicht, wie ihm geschah, versagt die Pflicht.
Nur vier ihm anvertraute Kerne erreichten frei die große Leere. Der fünfte geraubt. Und der falsche Kern von da an ihm zur Fessel ward. Einsam, bald verstummt, die Auswegsuche ewig währe.
Das erste Mal nun überhaupt, dass keimend nur ein Viergespann für Welten-All und Wissen sorge. Der fünfte blieb, versteckt vom Dieb, erpicht nur seines eig'nen Ziels, verborgen.
Ungehindert Fäden ziehend, Puppenspieler – Ombudsmann.


Milliarden Jahre gingen nur, bis die ersten Völker blühten, den unsichtbaren Herren dankten, und dann im Fortschritt der Natur wieder in Besitz des Wissens um Kerne und den Staub gelangten.
Die stärkste Zivilisation jedoch gedieh, entwuchs bald allen Filtern, und allen Galaxien – Ihr Joch: Die Dominanz durch Gleichgewicht, das nicht vorhergesehen war – die Dra'ák.
Ohne jede Widrigkeit, die sich ihnen letzt' noch stellte, gab es für sie keinen Halt. Passiert ist, was passieren musste, wenn es nur noch der großen Frage nach Anfang; Ende aller Existenz nach einer letzten Antwort galt – Uneinigkeit, Zwist und Latenz.

Der große Konflikt hat die hohen Veteres in zwei eiserne Lager gespalten:
Die einen wollten schnellsten Weges hin zur Entropie, um das letzte große Wissen über Anfang und Ende und das universelle System zu erhalten – durch genetischen Einfluss, Entwicklung in Eile, Beschleunigungstechnologie.
Die andren huldigten indes dem Chaos und dessen Erhalt, um natürlich, würdig, bald ans Omega und unbefangen an das All-Wissen zu gelangen. Aus ihrer Sicht wird das Ergebnis, verfälscht durch Manipulation, der großen Frage Antwort wertlos. Setzten so auf Selektion, Symbiose und Evolution.

Der große Bruderkrieg brach aus, ward Richtblock dieser Thesen. Wurde zum Fluch der Kindeskinder vieler Generationen, nicht nur der Dra'ák aus hohem Haus, auch aller andren Völker Wesen.

Die Entropie-Technokraten zählten, getrieben von Thanatos – Despot aller Dra'ák Heimat Tartaros, zwei mächtige Streiter zu ihren Erwählten.
Shiva – Schöpferin aus Zerstörung, die Unsterbliche, Schoßkind des Kriegs, Beschwörer der Toten. Und Sedna – Säerin des Zweifels, Kind der Entscheidung, Tochter des Heimatwelt-Despoten.
In den Reihen der Evolutionäre, des chaossymbiotischen Weges Verfechter, dort standen Prometheus – Feuerbringer, Segen, Ältester, Träger der Genesis-Sphäre, Schöpfer aus Wissen, der Schlichter und Gaya – die Wachsame, Mutter der Wiedergeburt kampfbereit tapfer entgegen.

Ein ungleicher Kampf wäre gnädig und schnell vorüber gewesen, samt Streit. Das Gleichgewicht jedoch brannte mit langem Docht und brachte schier endloses Leid.

Doch dann geschah etwas, das niemand im Kriegswirr jemals für möglich gehalten. Sedna fand ihre Säule, gedieh – oder fand die Säule sie? – und ihr Kern begann, sich zu entfalten. 
Ihr Vater Thanatos erkannte: die entfesselte Kraft in ihr brannte, nun frei, und führte sie als Waffe des Verrats auf dem Schlachtfeld gegen die Feindespartei. 
Ihre Macht des Zwists den Gegner zerriss, in Fehden, Streit und Uneins-Sein. Doch dann zerfetzte es auch sie. Ihr Herz und Unschuld – Flamm' und Rauch. Ihr Körper, Instrument, missbraucht. 
In Verzweiflung, Not und Wut und Tat, wand sie sich gegen Fraktion, Vater, Familie und Chor, und Shiva, die ihr tobend schwor: ›Rache für diesen Verrat!‹

Angesichts der Unterzahl, die Thanatos mit Scheitern drohte, schuf er mit den Technokraten und Shivas Hass und Kern und Hand und allem verfügbaren Wissen der Dra'ák, des großen Viadukts, ungeachtet jeder Vorsicht, die Shiva nicht kannte, nicht verstand, das erste künstliche Geschlecht, die Krieger des Lichts – die Lux, die ihre Kraft, statt aus dem Staub, aus den Heimatsternen zogen.

Prometheus' Zahlenübermacht stand nun entschlossen, kampfbereit der technologisch überlegenen Verzweiflung gegenüber, die zur Demonstration ihres Wegs der Göttlichkeit, die Lux befreit, vollends entfacht. 
Mit dem Wort: ›Aus Staub seid ihr, und zum Staub kehrt ihr zurück.‹ – glaubt man der Überlieferung – gab Thanatos, Natur zum Hohn, den Lichtwesen ihr Meisterstück; den Schlüssel zur Reproduktion: 
›Freier Wille – Ausführung!‹

Der Verblendung Wissenskrieg um des Weges in die Zukunft schlug in ein Massaker um. Alleinig Existenzrecht, Sieg, oder völlige Auslöschung. 
Ein Harmagedon ohne Maß, das neun von zehn der Dra'ák verschlang, sich durch das Universum fraß. Auch Sedna und Gaya Opfer der Fehde und in den Wirren der Schlachten bald ein jeder jene großen Kerne vergaß.

Die Dra'ák löschten sich gegenseitig fast vollständig aus. Die Zahl der Lux hingegen wuchs in gleichem starkem Rahmen, bis sie als neue, gnadenlose, ordnungsgroße Dominanz die Vorherrschaft im Universum letztlich übernahmen.

Für den Aufbau ihres neuen Reichs, schon während der letzten Gefechte in den zerstörten Welten, begannen die Lux, nach ihrem Rechte, es den letzten der Dra'ák zu vergelten; die einstigen Schöpfer des Beginns in die Versklavung zu schicken. 
Es sollte während ihrer Zeit nie mehr die Frage des Gesinns zu solch Apokalypse führen. Der Widerstand in jedem Kleid sollte im Keim ersticken. So galten einstweil weit und breit der Lichtwesen Allüren:

Freiheit – vom System der Schwächen. Frei von jeder Agonie. Gleichheit – im Gedankenstreben. Einigkeit – durch Konvergenzen. Frieden – durch den Tod der Kerne. Als göttlich galten einzig sie. Kontrolle – durch Entzug des Chaos, aller Staub musste hinfort. Recht – durch Wissen; Wissenshort. Und Wahrheit – in Technologie.

Doch eh es schließlich dazu kam, aus beiden alten Streitparteien, des letzten Aufstands angesichts, in Not vereint, der Alten Gram; Dra'ák-Veteris' Schlachtenreihen gegen die Götterschar des Lichts. 
Klauen gegen Sonnenglut, das schwarze gegen weißes Blut. Tod und Leidgier Tage brannten, bis kurz vor Ende aller Sippen, als nur ein Dutzend und Einer noch standen.

Prometheus gelang es, mit Hilfe der letzten elf Regis & Reginae, Könige und Königinnen, Shiva, die Mutter der Lux zu besiegen. 
Er nahm seine Tochter Philia her, die Kraft ihres wachsenden, kleinen Kerns – der Liebe – und wusste, was sie entgegen Shivas Hass schaffe und bannte mit uraltem Blutritual und „Pandoras Erbe", der ersten Waffe, Shiva ins Mäandermeer; in den unschuldigen Körper des Mädchens – mit dreizehn Runen versiegelte Qual. 
Jedem Regis, jeder Reginae, sich selbst, und Thanatos letzt' auch, eine Rune gab zur Bürde, versprengte das Erbe und löste in Würde die letzten Dra'ák-Kasten auf. Die Dreizehn sollen das Geheimnis wahren, während Prometheus Pläne schmiede, verborgen vor den Häscherscharen, im Universum sich verteilen, leben. Die Zeit der Dra'ák, sie komme wieder. Sie sollen auf sein Zeichen warten, den Ruf, sich wieder zu erheben.


Schon kurze Zeit nach der Revolte arrangierten und vertrugen sich; verschmolzen Shiva und Philia innerlich zu einem Wesen, das schon bald den Namen Neko tragen sollte.


Thanatos, der Verräterin Sedna Vater, war Prometheus' großes Zagen ganz und gar nicht einzusehen. Entschloss sich: ›Schluss mit dem Theater! Bei allen Racheschwüren! Wir dürfen es nicht wagen, der Tochter Mörder zugestehen, die Regis Schlussends aufzuspüren, die Neko in Besitz zu bringen, uns letzte Dra'ák für den Verrat endgültig zu zerschlagen! Und allen Staub und alle Kerne, jede Hoffnung unsrer Art, dann aus den Welten zu entfernen!‹ 
Schon längst erkannte er in Neko das Potential der großen Waffe, mit der die Lux doch noch besiegt, die Dra'ák zurück zu Macht gelängen. 
›Prometheus? Schwach! Ein Narr! Ich schaffe, was ihm wohl nicht am Herzen liegt!‹ 
Zu schmerzlich brannte der Verlust ihm seines Kindes in der Brust. Wiederbeleben wollt' er sie, mittels Reinkarnation des Kerns, durch seine Kriegstechnologie. War er doch Illumination der Riege der Genetiker im Schatten, die die Lux aus ihrer Wiege gehoben und ersonnen hatten.

Ihn trieb sein eigenes Begehren, die anderen zu überzeugen. Nur Prometheus blieb beharrlich, nicht zu beugen, und befahl ihm, diesen Frevel zu verwehren. Ein Streit entbrannte, nicht zu meiden, und darüber entfachte erneut die verglimmende Feindschaft der beiden.
Prometheus hatte ihm sein ehrlich Mitgefühl bekundet. Könn' er den Verlust doch teilen, so doch auch er sein Philia-Herz verwundet – ja, geopfert habe. ›Opfer hier notwendig sind! Zum Wohle aller, obgleich dem Schmerz, dienlich einem ehrenhaft'ren Ziele, größ'rer Gabe als dem Fortbestand der eignen Linie, eignen Bluts ... des eignen Kinds!‹

Thanatos fraß sich der Zorn über diese Lügenworte tief ins Herz und den Verstand. ›Prometheus, ach so weiser Schöpfer, Lug!‹ Er hat sein Kind ja nicht verloren. Versteckt an ihm bekannten Orte, auch nun in sich den Dämon trug.

Nicht lange Zeit darauf sann es Thanatos nach Rache. So entführte er das Wesen Neko, gab dem Unheil seinen Lauf. Prometheus solle ohne Ruh erleiden, was auch er erlitt. ›So ist's gerecht!‹ 
Im nächsten Schritt wand er sich nun dem Mädchen zu. Was Genesis Prometheus schaffe, wohl auch der Wissenschaft gelänge. So formte er aus ihr den ersten künstlich erzeugten Kern-Hybriden – den Prototyp der N.E.K.O.-Waffe. 
Grausame Experimente. Tausend Tode starb die Kleine. Maschinen, Messer, Marter, Weinen. Doch unbemerkt der kalten Hände: Getrennt vom Einfluss Genesis' drang die Stimme in Philias Kopf immer klarer an ihr Ohr und hat die Angst schnell fortgeküsst. Shiva verhieß ihr Tapferkeit; Schutz vor allen Qualen, die sie erleiden müsste. Doch zuvor, als Gegenleistung; Dankbarkeit, bekam zur Hälfte aller Zeit die geschwächte Shiva nun die Oberhand über Nekos Leib, ihre Präsenz und all ihr Tun. 
Eine Gewissheit dieser Phasen: Shiva war durch Philias Liebe erzwungen stark gezügelt, doch Philias Emotionenspiel machte Neko gleichermaßen launenhaft und instabil.

Thanatos, arglos, bereit für den finalen Test, für ihn als Ziel schnell Tartaros, die Heimatwelt gesetzt. Mit diesem ersten Gegenschlag, wie er stolz propagierte, die Lux von dort vertreiben wolle. Doch statt des großen Ehrentags entglitt ihm vollends die Kontrolle, als N.E.K.O.-Neko eskalierte, die Katastrophe, Feuersbrunst begann und sich nicht löschen ließe. Denn Shiva durch des Paktes Gunst übernahm ihr Element. 
Oh, sie tat, wie ihr gehießen, verbrannte das Besatzerheer ... 
mit samt des übrigen Planeten, was sie nur spöttisch ›gründlich‹ nennt. 
Dann floh sie durch das Sternenmeer vor Thanatos und brachte rasch unzähligen Habitaten erst das Chaos, dann ihr Ende, verbrannte große Völker, verwandelte Welten in Asche und ganze Zivilisationen in Legende.

Diese erneute Schreckenswelle trieb die meisten der einst freien Völker auf der Stelle in Untergrund und Widerstand und Aufstand gegen die alten Dra'ák und neuen Lux – waren leid all dem Falschgöttergraus. Bis sich das Universum dann im zweiten großen Krieg fand. 
Der Vielvölkerkrieg tobte sich aus.

Als Thanatos gewahr gewesen, was sein Werk angerichtet hatte, suchte er Prometheus' Glück, um ihm an Verzweiflungs statte einen Pakt ans Herz zu legen. Er bekäme seine Tochter Philia zurück, wenn er ihm dafür im Tausch den Genesis-Kern einzig lieh, um seine eigne Tochter Sedna wiederzuerschaffen und den bürgerkriegerischen Rausch gewissensschuldig zu entwaffnen. Er offenbarte die verbotene Technologie für die Implementierung und Kernextraktion. Von Vater zu Vater sein Appell. 
Doch Prometheus durchschaute ihn schon, und verweigerte ihm die Amnestie, und beide gerieten ins scharfe Duell. 
Thanatos obsiegte, nah dem Ziele, doch kurz vor der Beute, dem Schöpferkern, gelang es Prometheus, ihn sich zu entfernen, bevor er in falsche Hände fiele.


Gaya vergessen, Sedna verloren, Genesis vertrieben und Shiva weiter auf der Flucht, entbrannte Thanatos im Wahn, der Prometheus schließlich alles nahm. 

Thanatos' Triumphesspott bald keine Grenzen mehr gekannt. Er demütigte Prometheus offen, prangerte sein Versagen an. Habe er allein gewagt, seine Tochter Philia der Shiva darzuopfern; er selbst der Schöpferkraft entsagt; erst eine Schöpfungsschwester nicht beschützen, dann die andre nicht erlösen können; Shiva gebannt, doch Neko auf die Welten losgelassen. Wem solle so ein Elend nützen?
›Nichts als eines Führers Unfähigkeit‹, proklamierte Thanatos den Massen. ›Dies nun unser Lohn des großen Feuerbringers Zeit!‹

Prometheus war am Ende. Und am Ende muss ein jeder zahlen. Vergaß die Ehre wie sich selbst, geriet in Zorn, erhob vor aller Augen die Faust nun gegen den Rivalen. 
Den Sieg aus diesem Bühnenstücke trug Thanatos durch List und Tücke. Das Volk, nun zum Entscheid berufen, letztlich einer Wahl beraubt, hob Thanatos zur höchsten Stufe; zum Dra'ák-Veteris; Oberhaupt.

Prometheus, entehrt, entmachtet, verbannt und schwer verwundet, nach der Sage seinem Schicksal zugewandt, verschwand an diesem schwarzen Tage zwischen der Geschichte Zeilen und ward nicht mehr geseh'n – bisweilen.


Die Ära Thanatos war da. Und im Verborgenen geschah, was diesen Zyklus prägen sollte. Thanatos formte sich, zeitnah, ein zweites Ich, um auch die Lux für sich zu nutzen. So fand er auch darauf geschwind des fünften Wandererkerns Dieb – erkannten sich als gleichgesinnt. 
Auch Neko sollte er bald finden, sie fangen und in Technik binden. 
Mit ihr zusammen aufgetaucht, zwei neue Wesen auf der Bühne: 
Licentia, die Freiheit, des Sednakerns Neu-Trägerin. 
Und nebenher, doch zu Gebrauch, ihr Schwesterherz, die Unfreiheit, Serva, die ihm – Glücksgewinn – den Durchbruch bringen sollte.

Wonach er sich solang gereckt, rückte zum Ergreifen dicht – doch was er nicht vorhersah: Den Funken, Schmetterlingseffekt, des kleinsten Puzzlestücks dieser Geschicht', der unscheinbaren, kleinen Serva ...«

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